Der Mopedvirus...
Infektionsphase
Im Frühjahr 1974 überfiel mich - wie fast alle knapp 18jährigen - der unstillbare Drang, meine Mobilität durch einen Führerschein zu erhöhen.
Ich träumte von 2 CV-Cabrios, R4`s und alten Käfern. Da es mir jedoch an Erbtanten und spendablen Omas mangelte, würden derartige Luxusgefährte wohl vorerst ein Traum bleiben müssen.
Um trotzdem über weitere Entfernungen mit einem eigenen Gefährt etwas mobiler zu werden, entschloss ich mich, zusätzlich den Motorradführerschein Klasse I (damals noch ohne jegliche PS-Beschränkung) zu machen und meine Spargroschen in ein älteres, preiswertes, im Unterhalt günstigeres Motorrad zu investieren.
Das Projekt "Motorradführerschein" stellte sich aber als recht hürdenreich dar, da ich mir in den Kopf gesetzt hatte - nicht wie damals noch erlaubt und sehr häufig üblich - diesen Führerschein auf einem Roller zu machen, sondern - im Hinblick auf meine Fahrambitionen - auf einem "richtigen" Motorrad. Ein Grossteil der angefragten Fahrschulen besass damals überhaupt kein Motorrad für diesen Zweck, die anderen weigerten sich einfach, ein Mädchen auf einem "richtigen" Motorrad auszubilden und verwiessen mich immer auf den hässlichen, aber "damentauglichen" Roller in ihrer Garage.
Bereits zur Kapitulation bereit, meldete ich mich wegen des PKW-Scheines in einer Fahrschule in Pfarrkirchen (wo ich damals 60 km entfernt von zuhause zur Schule ging) an, und erwähnte eher im Nebensatz meine "Motorradambitionen", aber dass das ja vermutlich unmöglich sei.
Der Fahrlehrer musterte mich kurz, fragte knapp "Roller" oder "Motorrad" und verabredete sich mit mir für die erste Motorradstunde.
Aller Anfang ist sonderbar...
Ausgestattet mit geliehenem Helm und Handschuhen wartete ich vor der Fahrschulgarage auf das Erscheinen des damals typischen Ier-Fahrschulfahrzeuges, meist ein älteres 125cc-Maschinchen. Vor der Garage stand eine blitzblank geputzte Honda CB 350 - mit ihrem 4-Zyl-Reihenmotor damals der Traum vieler Motorradfahrer - die ich phasziniert-respektvoll betrachtete.
Der Fahrlehrer erschien ohne die erwartete 125er und auf meinen fragenden Blick hin meinte er nur lapidar: "Ich hab nur die da, weil ich die auch privat fahre". Auf meinen verdutzten Blick hin fragte er "oder doch lieber den Roller"? Total verwirrt, aber wild entschlossen schüttelte ich den Kopf und es begann die erste Motorradstunde.
Der Fahrlehrer stand damals in dem Ruf, ein "ziemlich schräger Vogel" zu sein, aber meines Erachtens nach war er einer der ersten, der weg war vom Image des Motorrads als "arme-Leute-Fortbewegungsmittel" hin zum Motorrad als luftige Freizeitgestaltung.
So absolvierte ich auf diesem wundervollen Motorrad ganze 6 Fahrstunden, die bestimmt nicht den heutigen "Anforderungen" entsprechen. Brav fuhr ich hinter dem Fahrschulauto her und wurde glühend von Klassenkameraden (die in anderen Fahrschulen gerade ebenfalls, allerdings auf den üblichen 125ern, den Ier machten) beneidet, wenn sie mich mal fahren sahen.
Kurz vor meinem 18. Geburtstag machte ich die Fahrprüfung und studierte eigentlich ständig Motorradkatalloge, -zeitungen und -anzeigen auf der Suche nach einem passenden Gefährt. Nun trämte ich nicht mehr von 2CV und R4, sondern von Benelli-Sechszylindern, Laverdas, und BMW R75/5...
As time goes bye....
Einige Jahre fuhr ich dann ganzjährig eine BMW R25/3, später in der "Familienphase" doch brav ausschliesslich ein Auto. Aber... der Mopedvirus kam zurück...
1995 bekam ich eher durch Zufall "Berta", einige Jahre später ergänzte ich sie durch den flotteren "Henry".
Henry ...
Das also ist Henry, meine Triumph Thunderbird Sport kurz TBS genannt. 79 PS aus 900ccm Hubraum mit 3 Zylindern.... und Drehmoment ohne Ende!
Es ist erlaubt, sich über den seltsamen Lenker zu amüsieren, aber meine Halswirbelsäule toleriert keinen flacheren. Für Neugierige... es handelt sich um einen Original-BMW-Lenker, wie er auch auf meiner R80 serienmässig montiert ist.
Berta ...
Ich verteile meine Zuneigung gleichmässig auf meine beiden Prachtstücke, denn sie ergänzen sich sehr gut.
Henry (Bj. 2004, 78 PS), für eine kurzen Runde nach Feierabend in die Berge, Berta (Bj. 87) ist mit ihrem Gepäcksystem ein idealer zuverlässiger Langstrecker für weitere Touren.
Berta ist inzwischen ohne grössere Probleme 67.000 km gelaufen und wurde von ihrem Lieblingsmechaniker (Herr Klittich, ein Geheimtip für alte 2-Ventil-Boxer und "ältere Liebhaberfahrzeuge") im letzten Winter mit einem Siebenrock-Kit von 800 ccm auf 1000 ccm "vergrössert", was aus ihren ursprünglichen 50 PS jetzt 64 PS mit erfreulich viel Drehmoment machte.
Hauptständer für die TBS
Nach viel Generve, Gesuche, Geschweiße und Gezahle steht Henry nun "aufrecht", so daß ich endlich zumindest alleine den Ölstand kontrollieren kann.
Als Grundlage für diesen Hauptständer diente ein Original Triump-TBS-Ständer, der laut optimistischer Händlerannahme auch einfach so passen sollte...
Der Originalständer wurde gekürzt, an mehreren Stellen anders gekröpft, die Ansatzstelle der Rückholfeder mittels eines Distanzstückes verlegt.
Nach schlappen 14 (!!) Stunden Arbeit lässt sich Henry jetzt superleicht aufbocken, und rutscht auch gottseidank inzwischen nicht mehr beim kleinstem Schub von hinten vom Ständer herunter, sondern steht leidlich stabil.
Sebastian Griesser (Triumph-Händler in Rosenheim), der seinen persönlichen Ehrgeiz darin sah, meinte allerdings hinterher, dass eine direkte Neuanfertigung bestimmt wesentlich vernünftiger, und vor allem auch kostengünstiger sei.
Hier nun einige Bilder von der Sache. Bitte etwas Geduld, sie sind recht gross und das laden dauert!
Hochgeklappt behindert er in keinster Weise und schlägt auch nicht irgendwo an.
Der Ansatzpunkt der Rückholfeder wurde mit einem Distanzstück nach hinten verlegt.
Ein Kompromiss ist leider die Führung der Rückholfeder, die mit dem Auspuff ins Gedränge kommt.